Interview mit Papalo
Mit Papalo bin ich im Büro eines gemeinsamen Freundes in der Münchner Innenstadt verabredet. Mein Gesprächspartner für die nächste Stunde kündigt sich nicht mit der Türklingel an. Vielmehr verrät ein rhythmisches Klopfen an der Tür sein Eintreffen. Mit dem Öffnen der Tür lasse ich mir einen Moment Zeit und Papalo funktioniert die Tür zum Musikinstrument um. Die Geräuschkulisse steigt an, gleich einer tanzenden Elefantenfamilie. Ich öffne und Papalo hat sein typisches Lächeln aufgesetzt, die Zähne blitzen von einem Ohr zum andern. So und nicht anders sieht Optimismus und Lebensfreude aus. Ach liebes Deutschland, ein wenig „Papalo“ in unseren Seelen würde echt mal gut tun.
Wie lange kannst Du ruhig und konzentriert sitzen?
Papalo: Ruhig und konzentriert sitzen passt nicht mit mir zusammen. Ich kann nicht mal auf den Bus warten. Muss immer rechnen, wie lange ich brauche bis zur nächsten Station. Wenn die Zeit reicht, dann laufe ich dorthin zu Fuß. Bloß nicht warten, also nicht lange. Muß irgendwie immer in Aktion sein. Das passiert auch so in meinem Kopf. Ich spreche manchmal das Ende des Satzes vor dem Anfang. 🙂
Dann ist die Bühne mit Publikum der ideale Ort für Dich?
Papalo: Genau. Auf einer Bühne habe ich den Eindruck, ich bin zu Hause. Das liegt bei uns im Blut. Fast alle Mitglieder meiner Familie können entweder singen oder irgend ein Instrument spielen. Viele haben in Bands gespielt die anderen in einem Chor. Früher, wenn wir in Discos unterwegs waren und der DJ ein Mikro hatte, ich bin immer zu ihm gerannt, habe um das Mikro gebeten und zu den Lieder was gesungen. Meistens eine Überstimme. Meine Freunde haben auf einmal meine Stimme aus den Boxen gehört und den Kopf geschüttelt: Typisch Papalo! Kann kein Mikro aus dem Weg gehen.
Die Musik liegt Deiner Familie und Dir offenbar im Blut. Ist das Zufall oder hat das auch etwas mit Deiner Herkunft zu tun?
Papalo: Ich denke, das ist eher Zufall. Das ich in dieser durchaus musikalischen Familie geboren wurde konnte ich ja schlecht beeinflussen, oder? Ich bin Afrikaner und Afrikaner haben bekanntlich viel Rhythhmus im Blut, oder? Wir Afrikaner waren die ersten Menschen auf diesem Planet. Afrikaner haben unter anderen die Musik erfunden.
Ja, vielleicht entstand zuerst Tanz und Gesang als Ausdrucksmittel, bevor sich dann die menschliche Sprache entwickelte. Apropos Sprache: Deine Texte sind in französischer Sprache geschrieben, wovon handeln Deine Songs?
Papalo: Es stimmt, die meisten Texte von mir sind auf Französisch. Aber nicht nur. Viele Sachen singe ich in meiner Muttersprache, der BAFANG. Englisch ist auf hier und da vertreten. Einen Song singe ich sogar auf Spanisch. Spanisch hatte ich als Fremdsprache im Gymnasium. Ich singe über unterschiedliche Themen: Brüderlichkeit, Freundschaft, Spaß am Leben und vieles mehr. Meine Familie und meine Kindheit kommen auch sehr oft vor in meinen Songs. Ich singe halt über Dinge, die mir wichtig sind. Kurzes Beispiel: Im Song “Il Etait Une Fois” handelt es sich um ein Märchen, das den Ursprung des Chaos auf der Erde ganz simpel beschreibt: Pflanzen haben gesprochen, die Tiere auch. Es herrschte Harmonie bis der Mensch aufgetaucht ist. Seit dem Tag ist Chaos. Ich werde versuchen einen Song über die Umwelt zu schreiben. Denke auch an einen Song über historische afrikanische Freiheitskämpfer. Eigentlich mache ich viel zu wenig Musik, um alles umzusetzen, was mir immer durch den Kopf geht.
Wie und wo entstehen Deine Songs? Vermutlich nicht konzentriert am Schreibtisch, oder etwa doch? Vielleicht auf dem Weg zwischen zwei Bushaltestellen? Möglicherweise im kalten Winter, hier in Deutschland, wenn über weite Teile Afrikas die Sonne scheint?
Papalo: Am Anfang sind die Songs aufgrund von Heimweh entstanden. Nur einen Song hatte ich im Kopf als ich nach Deutschland kam. Nämlich Sidonie. Alle anderen Stücke sind hier in Deutschland entstanden: Zunächst suche ich die Melodie. Erst wenn ich die Melodie fühle, kann ich drauf etwas singen. Dann finde ich den ersten passenden Text zur Melodie. Viele meiner Lieder entwickeln und verändern sich im Laufe der Zeit. Früher ist „Papalo System“ sehr oft live aufgetreten und die Band konnte frisch und fröhlich Musik machen. Auf der Bühne alles geben, wirklich alles! Für ein Album muss die Musik einen Anfang und ein Ende haben. Da schneide ich dann vieles von dem, was live auf der Bühne abgeht, raus. Manchmal sehr zum Leidwesen der treuen Fans, die „Papalo System“ live erlebt haben.
Du sprichst fließend Deutsch. Geht da was? Ich meine diese Sprache gemixt mit afrikanischen Sound? Und wie gehst Du heute mit Heimweh um?
Papalo: Ich kriege es leider nicht, auf Deutsch zu singen. Kriege die Kurven irgendwie nicht hin. Leider! Früher habe ich das öfter versucht, aber sogar die eigene Bandmitglieder fanden das komisch. Aber vielleicht mixen wir ein Sprechgesang auf Deutsch in einen Song und schauen was bei rauskommt. Heute gehe ich besser mit Heimweh um. Fliege ja öfter nach Hause. Inzwischen wohnen viele Mitglieder meiner Familie verteilt in der ganzen Welt. Einige leben nicht so weit von hier, nämlich in Brüssel.
Vielleicht ist die Deutsche Sprache einfach zu eckig. Smile! Mensch Papalo, wie lange sitzen wir schon hier und quatschen? Ich für meinen Teil habe echt Hunger. Und Du? Vorschlag, machen wir ein Break und gehen was essen. OK?
Papalo: Würde ich nicht sagen. Wenn einer die Sprache beherrscht, der kann damit super singen. Das ist halt nicht der Fall bei mir, leider Gottes. Aber was den Hunger angeht, da bin ich Deiner Meinung. Mein Magen gibt auch schon komische Geräusche von sich.🙂
Break! Fortsetzung folgt.
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